Im Plan der Bürgermeisterei Velbert von 1805/17 sind im Bereich der Nordstadt elf Höfe eingezeichnet und benannt: Birkefeld, Grabenberg, auf’m Friedfeld, auf’m Friedbusch, auf’m Schwanefeld, Wildenburg, Höfgessiepen, Kattensiepen, auf der Meer, auf dem Hengst sowie an der Tennen. Das letztere Haus steht noch = Langenhorster Straße 18. Knapp außerhalb der Nordstadt lagen die Höfe: Klarensprung, am Buskotten und Rossenthal (der davon abgeleitete Straßenname Rosental hat also mit Rosen nichts zu tun!). In späteren Stadtplänen steht Grafenberg, Buschkotten und An der Tenne sowie zusätzlich Brandenbusch, Am Linken, Engelsberg und Am Winterberg.
Schwerpunkt war zunächst die Landwirtschaft, dann die Klein-Industrie. Der Aufschwung kam mit dem Bau der Eisenbahnlinie 1913/14 – mit einem großen Bogen durch die Nordstadt. Der ersten Güterzug fuhr allerdings erst ein Jahrzehnt später – bedingt durch den I. Weltkrieg – am 15.2.1924 und auch nur bis Heiligenhaus, der erste Personenzug am 31.3.1925.
Von den Fachwerkhäusern ist nur noch das Haus in der Schwanenstraße 75 erhalten. Die grünen Schlagläden befinden sich auf allen Seiten des Hauses außer an der Vorderfront, diese liegt auf der geschützteren Ostseite. Eigentümer ist der Schornsteinfegermeister Burkhard Laakmann, sein Vater Johannes baute es 1937/38.
Große Wohnungsnot nach dem Krieg
Im II. Weltkrieg gab es in der Nordstadt viele Zwangsarbeiter – später auch Flüchtlinge –, die in Baracken an der Talstraße und am Kattensiepen untergebracht waren, siehe „Velbert, Geschichte dreier Städte”. Zu Kriegsende sollte die Brücke Schwanenstraße gesprengt werden, was vor allem Pfarrer Peter Urfey zu verhindern versuchte. Die Nordstädter hatten Glück, weil die einrückenden Amerikaner einen anderen Weg zum Rathaus wählten, die Brücke blieb erhalten, die angebrachten Sprengsätze konnten entfernt werden.
Am 17. Juni 1945 lösen die Briten die Amerikaner als Besatzungsmacht in Velbert ab. 165 Häuser wurden beschlagnahmt, mussten für die Besatzer geräumt werden. Betroffen davon war auch Ilse Noss, geb. Schorn, in der Bismarckstraße 28.
Die Wohnungsnot war groß nach dem Krieg. Viele Flüchtlinge kamen nach Velbert, weil es nur wenige zerbombte Häuser gab. In die dicken Wände des Bunkers an der Bismarckstraße wurden Öffnungen für die Fenster gesprengt, um ein paar zusätzliche Wohnungen zu bekommen. Die Neubaugebiete Nedderheide, Kahl,sches Gelände, Kostenberg und Birth entstanden. Velbert vergrößerte sich, hatte 1971 mit 57.656 die höchste Einwohnerzahl. Anfang der 70er Jahre entstanden auch Am Nordpark u. a. vier Hochhäuser, die vom Hefel (Nordosten) aus die Silhouette von Velbert prägten.
Probleme: Gießereien und der Autobahnbau
Die Geschichte der Nordstadt ist nicht ohne die Gießereien denkbar. Viele Arbeiter, vor allem ausländische „Gastarbeiter”, wurden beschäftigt und mieteten Wohnungen. AE an der Talstraße war der größte Arbeitgeber, aber auch eine der Dreckschleudern, worunter die Nordstadt schwer zu leiden hatte. An jedem Wochenende wurden alle Autos vom Industriestaub abgewaschen, weil sich sonst die Aschepartikel in den Lack eingebrannt hätten. Kunststofffenster hielten nur etwa drei Jahre, dann waren sie braun. Intensiv wurde insbesondere das Geschehen bei AE verfolgt, z. B. – die Explosion eines Kupolofens am 15.8.1986: Das Dach der Halle flog weg, Fensterscheiben zersplitterten im Umkreis von mehreren hundert Metern. Verletzt wurde aber niemand. Die Versicherung zahlte.
– Sprengung eines Schornsteins im Dezember 2002. Die Fabrik wurde schließlich abgerissen, ein neues Gewerbegebiet entstand.
Nur das alte Bürogebäude steht noch, beherbergt heute „Die Schlüsselregion e.V.” und das ISS Institut für Sicherungssysteme der Bergischen Universität Wuppertal. Große Probleme für die Nordstadt brachte der Bau der Umgehungsstraße B 224 n (heute: A 535) in Tieflage Mitte der 70er Jahre mit sich. Viele Häuser mussten abgerissen werden, die Meerstraße, Geschäfte und Kneipen verschwanden. Das Zentrum Moltkeplatz fiel weitgehend als Treffpunkt aus.
Die Nordstadt – bald ein Vorzeigeviertel?
Natürlich ist die Nordstadt ohne die vielfältigen Aktivitäten des Bürgervereins nicht denkbar. Die Nordstadt ist im Wandel, sie entwickelt sich vom Problem- hin zum Vorzeigeviertel, sie ist zumindest auf dem besten Weg dorthin.